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AutorenbildArchiv für Zivilisationsforschung

Waren chinesische Seefahrer die Weltentdecker?


Als gesichert gelten die Fahrten des Zen He Anfang des 16. Jahrhunderts bis nach Afrika (rote Linien). Damit lassen sich auch die Funde chinesischen Porzellans in den Ruinen von Simbabwe erklären. Ob die Chinesen bis in den Atlantik gekommen sind, wird noch bezweifelt.

Foto: Repro nach Michael Yamashita

Bei unseren Recherchen zu der Herkunft des geographischen Wissens lange vor den Europäeren erfuhren wir von den Seefahrten des chinesischen Admirals Zheng He (1371 bis 1433). Könnte dieser Seefahrer mit seinen Reisen zu einem Teil der Lösung der Rätsel alter Karten beitragen? Der Engländer Gavin Menzies (geb. 1937) vertritt jedenfalls diese Auffassung.

Selbst wenn sich Menzies Vermutungen, dass die Chinesen bis nach Amerika gelangten, noch nicht bis ins Letzte beweisen lassen, zeigen sie uns doch, dass der Weg der Suche nach früheren Entdeckungsfahrten, zur Klärung der Rätsel alter Erdkarten, der einzig mögliche und richtige ist.

Menzies vermutet, dass chinesische Flotten auf Befehl des Kaisers Zhu Di von 1421 bis 1433 unter den Admiralen Zheng He, Zhou Wen, Zhou Man und Hong Bao den amerikanischen Kontinent vor Columbus entdeckten und zudem das erste Mal, 100 Jahre vor Magellan, die Welt umsegelten.

Dabei sollen nicht nur Nord- und Südamerika, sondern auch Australien, die Arktis und die Antarktis entlang ihrer Küstenlinien kartographiert worden sein. Menzies vertritt die Ansicht, erst die Kenntnis dieser Karten habe die weltweiten Entdeckungen der europäischen Seefahrer im 15. und 16. Jahrhundert möglich gemacht. An der Existenz von Zhen He, seiner Riesenflotte und ihren gewagten Unternehmungen zweifelt heute niemand mehr.

Eines der Riesenschiffe aus der Flotte von Zheng He. Im Vordergrund ist, zum Vergleich, eines der drei Segelschiffe dargestellt mit denen Columbus Amerika erreichte.

Zeichnung: nach Ibn Battuta

Menzies führt unter anderem folgende weitere Beispiele für die Entdeckungen chinesischer Seefahrer an:

Auf der Karte von Fra Mauro aus dem Jahr 1459 ist bereits das Kap der Guten Hoffnung abgebildet, das angeblich erst 1488 von Bartolomeu Diaz erreicht wurde. Auf Martin Waldseemüllers Erdkarte von 1507 ist der amerikanische Kontinent, einschließlich Floridas, gezeichnet. Florida wurde nach bisheriger Anschauung erstmals 1513 von Juan Ponce de León betreten.

Inzwischen hat Menzies eine chinesische Erdkarte, die aus dem Jahr 1418 stammen soll, in einer Kopie des 18. Jahrhunderts gefunden und vorgestellt, deren Echtheit von Fachleuten bestritten wird. Ob sie wirklich eine echte Nachzeichnung der Zhen-He-Karte ist – wir können das nicht untersuchen. Bild: Archiv Hertel

Also liebe Freunde, sprechen wir jetzt über die Seefahrernation China. Bei Krämer findet sich der Hinweis:

„Die Reisen der Chinesen waren ein glänzender Höhepunkt der chinesischen Seefahrt noch vor Ankunft der Portugiesen in den indischen Gewässern. Es ist erstaunlich, dass die weit reichenden Fahrten lange Zeit ohne Fortsetzung blieben.“

Wer war Zheng He?

Zheng He wurde 1371 als zweiter Sohn einer armen Familie in Yunnan geboren. Er hatte außer seinem älteren Bruder noch vier Schwestern. Seine Familie gehörte zum Stamm der Hui, die ein türkisches-mongolisches Mischvolk chinesischer Moslems waren. In seiner Kindheit lernte er vom Vater und Großvater Arabisch und Chinesisch sprechen. Da sein Vater schon in Arabien war, lehrte er ihm auch die Geographie und die Sitten der Welt im Westen. Zu dieser Zeit herrschten noch die Mongolen über das Gebiet. Sie plünderten nicht nur Städte und Dörfer aus, sondern gingen auch grausam mit der Bevölkerung um.

Chinesische Offiziere wiederum suchten laufend fähige Eunuchen für den Kaiserhof. 1381 schließlich wurde Yunnan von den Chinesen zurückerobert. Ein gewisser General Fu Yu-te konnte mit seinem Heer die Mongolen vertreiben. Seine Offiziere fanden auch den inzwischen zehnjährigen kastrierten Zheng He, der über eine hohe Intelligenz verfügt haben soll. Er wurde in einem Auswahlverfahren ernannt, am kaiserlichen Hof dienen zu dürfen. Zwei Jahre später kam er in das Gefolge des späteren Kaiser Yung Lo. Mit 20 Jahren war Zheng He bereits über zwei Meter groß und die auffallendste Erscheinung am Hof.

Er kommandierte seiner Zeit die mächtigste Kriegsflotte der Welt. Berühmt geworden ist er durch seine insgesamt sieben spektakulären Expeditionen von 1405 bis 1433, die ihn mit seiner Flotte von China nach Ostafrika bis Arabien und vermutlich noch viel weiter, führten. Dabei legte er über 50.000 Kilometer zurück und besuchte rund 30 Länder.

Historische Studien bezeichnen seine Expeditionen im Vergleich zu denen seiner Zeitgenossen hinsichtlich der Größe der Flotte, ihrer Navigationstechnik, der Dauer und ihrer Organisation als unübertroffen.

1405 startete Zheng He zu seiner ersten Reise. Die Expedition, die im Hafen von Nanking begann, war größer als alle bisherigen in Europa. Selbst die Kritiker bezweifeln nicht die Angaben. Beteiligt waren 317 Schiffe, einige bis zu 160 Meter lang sowie 250 kleinere Schiffe mit insgesamt rund 17.000 Mann (!) Besatzung unter dem Befehl von Zheng He.

An Bord waren Fachleute aller Wissensgebiete, auch Journalisten als "Unsterblichmacher" sowie zahlreiche Geschenke für die Herrschenden der Welt. Kuo Chung-li wurde zu drei Expeditionen mitgeschickt. Er und Ma Huan zeichneten auf, was sie in den fernen Ländern erlebten. Beide schrieben Bücher über die Reisen, die heute leider verschollen sind. Alle Aufzeichnungen Zheng Hes wurden später bei einem Politikwandel durch Hofbeamte zerstört.

Die Schiffe besaßen einen flachen Boden, der sie vor dem Stranden bewahrte und relative Sicherheit bei Stürmen bot. Wenn der Wind gegen die Flut blies, wurde das Schiff wenig angegriffen, war unabhängig von der Windrichtung und konnte sogar gegen Wind und Strömung segeln.

Die chinesischen Schatzschiffe waren schnell segelnde Fahrzeuge, ihre vielfachen Masten und großen Segel trieben sie wirksam unter dem Wind, während der Widerstand, wegen des geringen Tiefganges, minimal war. Viereckig im Bug und im Heck wurde es auch als Quadratschiff bezeichnet. Das geräumige Deck neigte sich nach den Seiten, damit eingedrungenes Wasser rasch wieder abfließen konnte. Gigantisch war das zwölf Meter große Ruderblatt. Es konnte nach oben und unten bewegt werden, so dass es beim Befahren von seichten Küstenregionen nicht hinderlich wurde.

Die Reste eines solchen Ruders wurden im alten Dock von Nanking noch gefunden. Auf den Schiffen gab es Ställe für Pferde, Fischteiche und große Trinkwasservorräte. Das Wasser wurde in großen weißen Kürbisflaschen aufbewahrt, die im leeren Zustand als Rettungshilfen dienten.

Zheng He´s Flaggschiff, dass mächtigste der kaiserlichen Flotte, hieß Sternen-Floss. Die Führung der Schiffe hatten die kaisertreuen Eunuchen übernommen. So fuhren neben den Offizieren sieben Groß-Eunuchen, zehn Eunuchen im Unteroffiziersrang und 53 einfache Eunuchen mit. Es waren aber nicht nur Soldaten an Bord, sondern auch ein oberster Sekretär der Zollbehörde, zwei Protokollanten, Astrologen und Ärzte. Zheng He´s Reisen zogen eine Reihe wichtiger maritimer Erfindungen nach sich, zu denen das Zentralruder, wasserdichte Schotten und verschiedene Segelarten gehörten. Bis ins 15. Jahrhundert hatten die Chinesen deutlich einen technischen Vorsprung in der Seefahrt vor den Europäern. Sie unternahmen nachweisbar Seereisen bis nach Ostafrika und in die südost-asiatische Inselwelt. Vermutlich gelangten sie sogar bis in den Atlantik und an amerikanische Küsten.

Allerdings erfolgte dann eine geistige Wendung des chinesischen Reiches nach innen, verbunden mit einer konservativen Haltung in der Politik, in der Gesellschaft und dem Geistesleben.

Im frühen 16. Jahrhundert machten japanische Piraten und chinesische Schmuggler die Küsten Chinas unsicher. Der Ming-Kaiser Jiajing (1507 bis 1567) versuchte daher, beginnend im Jahr 1525 durch die Zerstörung der Hochseeschiffe, Herr über diese Probleme zu werden – was ihm aber nicht gelang. Daraufhin untersagte er 1551 den gesamten Außenhandel, die Händler wurden notgedrungen zu Schmugglern, wodurch das Problem eher erschwert als gelöst war. Erst die freiwillige Isolation der Chinesen unter den Ming-Kaisern erlaubte es den Europäern die Führungsrolle auf See zu übernehmen und sich mit der angeblichen Entdeckung der Welt auf ihren Karten zu schmücken.

Gavin Menzies schlussfolgert aus dem Geschehen, dass diejenigen, die solche exakten Karten zeichnen konnten, große Teile der Weltmeere gekannt haben müssen. Sie hatten die Kunst beherrscht, nach den Sternen zu navigieren und die geographische Länge zu ermitteln. Ihre Schiffe mussten für die monatelangen Fahrten auf See ausgestattet gewesen sein. Dass dies alles der Menschheit so spät wieder bekannt wurde liegt daran, dass fast alle Berichte über diese Reisen zerstört wurden, die neuen Erkenntnisse ignoriert und schließlich vergessen wurden.

Die Europäer des 16. und 17. Jahrhunderts waren demnach nicht die ersten Weltentdecker.

Wir geben gern Auskunft zu konkreten Fragen.

Literaturhinweise zum Nachschauen

Das Wissen der alten Chinesen, 2001, Patmos-Verlag, Düsseldorf

Die Drachenflotte des Admirals Zhen He, Yamashita, Michael, Frederking&Thaler, 2006

Wikipedia, https://de.wikipedia.org/wiki/Gavin_Menzies

Als China die Welt entdeckte, Menzies, Gavin, 1421, Droemer, 2003

Die Entdeckung und Erforschung der Erde, Krämer, Walter (Hrsg.), Brockhaus, Leipzig, 1967


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